Häufig werde ich danach gefragt, wer eigentlich eine Pflegezusatzversicherung abschließen sollte und warum.

Immer wieder höre ich dabei Aussagen wie „Brauche ich nicht, ich habe doch schon eine Pflegepflichtversicherung“ oder auch „Notfalls zahl ja das Sozialamt“.
Doch ist das wirklich so einfach?

Aus meiner Sicht ist eine zusätzliche Absicherung für den Pflegefall für sehr viele Menschen sinnvoll, ja sogar nahezu unverzichtbar.

Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt stetig an.
Erhielten 2011 noch 2,5 Mio. Pflegebedürftige Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung, so waren es 2013 bereits 2,6 Mio. Menschen. Das ist ca. jeder 31. Bürger der Bundesrepublik Deutschland.
Neben der immer weiter steigenden Lebenserwartung durch den medizinischen Fortschritt und der Überalterung der Gesellschaft wird dieser Trend in den nächsten Jahrzehnten weiter steigen. Wenn man alleine die geburtenstarken Jahrgänge 1955 – 1969 berücksichtigt, dürfte dieser Trend wenigstens die nächsten 50 Jahre anhalten.

Die Leistungen aus der Pflegepflichtversicherung reichen im Regelfall nicht aus, um eine bedarfsgerechte Pflege zu gewährleisten. Es handelt sich eher um eine Grundabsicherung.

Beispiel

Die Lebenserwartung nach Einstufung in die Pflegestufe 3 beträgt im Durchschnitt ca. 6 Jahre.

Pflegeheimplatz für die Pflegestufe 3: 3.500 Euro
abzgl. Leistungen SGB XI: 1.612 Euro
finanzielle Lücke: 1.888 Euro
1.888 Euro x 12 Monate x 6 Jahre = 135.936 Euro Gesamtkapitalbedarf

Um die Thematik zu verstehen, müssen wir uns nun zunächst damit beschäftigen, wer denn die finanzielle Lücke (im o. g. Beispiel immerhin 1.888 EUR monatlich) trägt. Denn der Pflegebedürftige wird ja nicht nach knapp der Hälfte des Monats einfach nicht weiter versorgt, nur weil die Leistung der Pflegepflichtversicherung dann „verbraucht“ ist.
Zunächst werden Einkommen und Vermögegen des Pflegebedürftigen zur Deckung der Lücke herangezogen. Danach wird die finanzielle Leistungsfähigkeit der Verwandten in gerader Linie (im Regelfall also der Kinder) geprüft. Erst wenn danach noch immer eine Lücke verbleibt, wird die Differenz durch Sozialleistungen ausgeglichen.

Wir haben also die ersten beiden Zielgruppen identifiziert:

  • Menschen mit Vermögenswerten (z. B. das selbstgenutzte Einfamilienhaus, ein Wertpapierdepot oder Guthaben bei Banken und Versicherungen)
  • Kinder von Pflegebedürftigen, die über Einkommen und/oder Vermögen verfügen.

Neben der rein finanziellen Betrachtung geht es dabei aber auch und ins besondere um die Qualität der Pflegeleistungen. Nahezu immer ist der von der Pflegepflichtversicherung ermittelte Pflegebedarf (deutlich) geringer als der tatsächlich bestehende oder subjektiv wahrgenommene Pflegebedarf. Um hier entsprechende Leistungen bezahlen zu können, werden natürlich zusätzliche finanzielle Mittel benötigt.

Und damit haben wir eine weitere Zielgruppe ermittelt:

  • Menschen, die im Pflegefall eine menschenwürdige Versorgung wünschen und die dafür erforderlichen finanziellen Mittel nicht aus dem eigenen Einkommen/Vermögen bestreiten wollen (Vererbung an die Kinder!?) oder können.

Wie man sieht, ist die Gruppe der Menschen, die sich mit dem Abschluss einer Pflegezusatzversicherung beschäftigen sollten, doch etwas größer als viele denken.